Deckelpokal mit dem Bildnis Friedrichs I. und Ansicht des Berliner Schlosses

Lindner, Daniel (2020) CC BY-NC-SA
Lindner, Daniel (2020) CC BY-NC-SA
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Beschreibung

Die Vorderseite der leicht konischen Kuppa zeigt über Palmzweigen das Brustbild Friedrichs I. im Profil mit Perücke, Brustharnisch, darübergeschlagenem Gewand, umgelegter Kette und Kleinod des Schwarzen Adlerordens. Auf der Rückseite erscheint auf dem Fond eines Vorhanges die Ansicht des Berliner Schlosses. Der gewölbte Deckel ist mit jeweils zwei Kronen und zwei gekrönten preußischen Adlern mit dem Monogramm FR auf der Brust verziert, die sich gegenüberliegen und durch Früchtefestons verbunden sind. Über dem flächendeckend mit gebündelten Volutenranken ornamentierten Fuß erhebt sich ein hoher, vielfach profilierter Balusterschaft, der ebenso wie der mehrteilige Deckelknauf mit geometrischen Schmuckbändern und Spitzblattkränzen geschmückt ist. Abrißspuren am Fuß und innen in der Kuppa (also in zwei oder sogar drei Teilen gefertigt, die beiden Doppelwülste könnten die Klebestellen verbergen). Die Zuschreibung dieses hervorragend erhaltenen Deckelpokals an den Magdeburger Münzmeister und Stempelschneider Heinrich Friedrich Halter, der zwischen 1698 und 1719 häufig für den preußischen Hof arbeitete, stützt sich auf die nahe Verwandschaft mit signierten Gläsern des Künstlers, die zwar größtenteils verschollen, aber durch Fotografien überliefert sind. Die meist übergroßen Pokale zeigen neben Porträts der königlich-preußischen Familie auch mehrfach die Ansicht des Berliner Schlosses nach Schlüters Entwurf (s. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 25 und 26, Textabb. 36). Erhaltene Pokale von Halter sind mit Stadtansichten von Magdeburg, Leipzig, Braunschweig, Hannover und Bernburg dekoriert. Für das außergewöhnlich qualitätvolle, detailliert gearbeitete und lebendige Porträt Friedrichs I. kommt als Vorbild eine von Halter geprägte Münze aus dem Jahre 1705 in Frage (https://bit.ly/2BY722E). Die Ansicht des Berliner Schlosses in Vogelperspektive nach dem Modell Andreas Schlüters dagegen geht auf den Stich von Pieter Schenk zurück, der wiederum eine Zeichnung Constantin Friedrich Blesendorffs umsetzt. Der Glasschneider hat jedoch die von Schenk hinzugefügten Staffagefiguren im Vordergrund weggelassen. Mit dieser Darstellung erlangt der Pokal neben dem künstlerischen auch lokalhistorischen Wert. Es handelt sich um eine der wenigen heute noch erhaltenen Arbeiten des bedeutenden Magdeburger Glasschneiders Heinrich Friedrich Halter, der für die preußischen Könige Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. Prunkpokale ornamentiert hat. Die Schnitttechnik zeigt sich auf künstlerisch höchstem Niveau für den deutschsprachigen Raum. Die detailgenaue Ansicht des Berliner Schlosses gibt einen unausgeführten Entwurf von Andreas Schlüter wieder und ist daher auch für die Forschungen zur Baugeschichte des Schlosses von Bedeutung. Aufgrund dessen kann der Pokal um 1705 datiert werden. In den historischen Inventaren der preußischen Schlösser werden einige Prachtpokale von Halter erwähnt. In der Gläserspezifikation des Potsdamer Stadtschlosses von 1715 findet sich unter der Rubrik "An Großen, nach neüster Facon geschnittenen Pocals mit Deckels" ein Eintrag, bei dem es sich vermutlich um den hier gezeigten Pokal handelt: "Ein pocal, daß portrait König Friedrichs nebst den prospect des Königl. Neüen Berl. Schloß Baues, der Deckel mit 2 Adlern und so viel Cronen in Palm Zweigen". Nur wenige Werke dieses Meisters sind in internationalen Sammlungen erhalten. Susanne Evers

Objektart Glas
Maße Höhe: 37.80 cm; Durchmesser (oben): 9.60 cm
Material Glas / in Hilfsmodel geblasen, geformt, geschliffen, geschnitten, poliert
Inventarnummer XIII 720
Stand der Infomationen 2024-03-17 11:51:41
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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg CC BY-NC-SA

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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Die Hohenzollern ließen ab dem 17. Jahrhundert neben ihrer Hauptresidenz in Berlin verschiedene Schloss- und Gartenanlagen in der Havellandschaft bei Potsdam errichten. Der Gartengestalter Peter Joseph Lenné fasste im 19. Jahrhundert mehrere dieser Schloss- und Gartenensembles zu einer Kulturlandschaft zusammen, die 1990 in die UNESCO-Liste des Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurde. Die 1995 gegründete Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) pflegt diesen Reichtum brandenburgisch-preußischer Geschichte, betreut die Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen und macht sie auf vielfältige Weise der Öffentlichkeit zugänglich. Die SPSG ist ein Zusammenschluss der nach 1945 getrennten Schlösserverwaltungen in Potsdam und West-Berlin und knüpft an die bereits 1927 im Zuge der Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Hohenzollern gegründete preußische Schlösserverwaltung an. Derzeit verwaltet die SPSG über 150 historische Bauwerke sowie rund 800 Hektar Gartenanlagen. Über 30 Häuser aus fünf Jahrhunderten mit ihren hochkarätigen Kunstsammlungen sind der Öffentlichkeit regelmäßig zugänglich. Dazu gehören in Potsdam u.a. das Schloss Sanssouci, die Bildergalerie, das Neue Palais und Schloss Charlottenhof im Park Sanssouci sowie das Marmorpalais und Schloss Cecilienhof im Potsdamer Neuen Garten. In Berlin betreut die SPSG Schloss und Garten Charlottenburg, Jagdschloss Glienicke, Schloss Schönhausen und die Pfaueninsel. Hinzu kommen die märkischen Schlösser Rheinsberg, Königs Wusterhausen, Caputh und Paretz sowie das Schlossmuseum Oranienburg.

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