Handrick, Roland (2000) CC BY-NC-SA

Beschreibung

Die Möbel, zu denen die Stickereien gehören, entstanden 1828 im Rahmen der Umbauten und Neueinrichtung von Schloss Charlottenhof für das Kronprinzenpaar Friedrich Wilhelm (IV.) und Elisabeth nach den Entwürfen Karl Friedrich Schinkels. Ludwig Persius, dem die Bauleitung oblag, berichtete in einem Brief vom 13. Juni 1828 über die Fertigung der Möbel, speziell des Sofas, "(...) daß das Sopha (wozu die Stickereien) fertig werden kann, wenn die noch fehlenden Stickereien zur Borte noch zeitig genug vollendet werden. Das Gestell zu diesem Sopha wird, nach der von S(einer) Königl(ichen) Hoheit zuletzt genehmigten Zeichnung von Schinkel, angefertigt. (Zudem gibt er an,) daß die Stühle nach dem S(eine)r Königl(ichen) Hoheit genehmigten Probestuhl ganz einfach ausgeführt werden u(nd) zum Bestimmten Termin fertig sein können." Auch über die Hersteller der Stickereien findet sich ein Hinweis, diesmal in einem Brief des Kronprinzen an seine Schwester, Zarin Alexandra Feodorowna. Darin erwähnt er, dass "all die Meubles von der Hand der Damen" stammten. Demzufolge wurden sie von Damen des Hofes gestickt, wohl als Geschenk an das Kronprinzenpaar. Falls mit den "Damen" sogar konkret die Hofdamen Elisabeths gemeint sind, so kommen als Stickerinnen nur die beiden Hofdamen von Brockhausen und von Borstel in Betracht, vielleicht auch die Oberhofmeisterin Gräfin von Reede. Letztere ist als Stickerin des Teppichs (IX 1210) namentlich bezeugt, den sie als Geschenk für die Kronprinzessin fertigte. Die Vielzahl der bestickten Möbelbezüge und die vielfältigeren Schwankungen in der Ausführung legen allerdings einen größeren Kreis von Stickerinnen nahe, zu dem die besagten Hofdamen aber sicherlich zählten. Wer die Entwürfe für die Stickereien lieferte, ist durch die Quellen nicht belegt. Die Verschiedenartigkeit der additiv nebeneinander gesetzten Einzelmotive sowie die Wiederholung eines Motivs auf zwei Stühlen lässt allerdings nicht an einen einheitlichen Entwurf - möglicherweise sogar von Schinkel - denken. Entwürfe für Polsterbezüge von seiner Hand führen schlichtere klassizistische Dekore wie Palmeten vor, die sich einheitlich auf allen Möbeln wiederholen. Auch verraten Überschneidungen der Ränder an den Motiven, dass diese nicht individuell für das Sofa und die Stühle entworfen wurden. Einzelne Darstellungen wie das Hibiskus- und das Veilchenbouquet im Sofasitz und der Veilchenstrauß eines der Lehnstühle (IX 993) kehren in der identischen Anlage des Musters - allerdings unterschiedlicher Farbwahl - auf bestickten Polsterbezügen derselben Zeit in Schloss Glücksburg wieder. Dies legt eine Orientierung an publizierten Vorlageblättern nahe, anderfalls wäre das Auftreten von Stickerein nach denselben Vorlagen in zwie entfernten Orten nicht zu erklären. Schließlich ließ sich für den Kamelienstrauß des Sofasitzes die Vorlage aus dem Berliner Verlag von Ludwig Wilhelm Wittich (SPSG, Bestandskatalog Stickereien, 2000, Abb. S. 124) auffinden. Somit komponierten die Damen des Hofes diese Motive nach eigenem Arrangement, doch in Übereinstimmung mit Schinkels Grundidee der ländlichen Raumgestaltung im Sinne einer "Villa suburbana", welche das gesamte Schloss prägt.

Objektart Stickerei / Spitze
Maße Hauptmaß: Höhe (Lehne): 36.00 cm Breite (Lehne): 50.00 cm Breite (Sitz): 87.00 cm Tiefe (Sitz): 85.00 cm
Material Wolle, beige: Seide, Stickerei, Kreuzstich
Inventarnummer IX 996
Stand der Infomationen 2023-10-05 23:54:54
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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg CC BY-NC-SA

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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Die Hohenzollern ließen ab dem 17. Jahrhundert neben ihrer Hauptresidenz in Berlin verschiedene Schloss- und Gartenanlagen in der Havellandschaft bei Potsdam errichten. Der Gartengestalter Peter Joseph Lenné fasste im 19. Jahrhundert mehrere dieser Schloss- und Gartenensembles zu einer Kulturlandschaft zusammen, die 1990 in die UNESCO-Liste des Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurde. Die 1995 gegründete Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) pflegt diesen Reichtum brandenburgisch-preußischer Geschichte, betreut die Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen und macht sie auf vielfältige Weise der Öffentlichkeit zugänglich. Die SPSG ist ein Zusammenschluss der nach 1945 getrennten Schlösserverwaltungen in Potsdam und West-Berlin und knüpft an die bereits 1927 im Zuge der Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Hohenzollern gegründete preußische Schlösserverwaltung an. Derzeit verwaltet die SPSG über 150 historische Bauwerke sowie rund 800 Hektar Gartenanlagen. Über 30 Häuser aus fünf Jahrhunderten mit ihren hochkarätigen Kunstsammlungen sind der Öffentlichkeit regelmäßig zugänglich. Dazu gehören in Potsdam u.a. das Schloss Sanssouci, die Bildergalerie, das Neue Palais und Schloss Charlottenhof im Park Sanssouci sowie das Marmorpalais und Schloss Cecilienhof im Potsdamer Neuen Garten. In Berlin betreut die SPSG Schloss und Garten Charlottenburg, Jagdschloss Glienicke, Schloss Schönhausen und die Pfaueninsel. Hinzu kommen die märkischen Schlösser Rheinsberg, Königs Wusterhausen, Caputh und Paretz sowie das Schlossmuseum Oranienburg.

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